FREIES WORT, ILMENAU, 26.07.2005
73 Schüler lösten im CJD Ilmenau Aufgaben, die es im Lehrplan nicht mehr gibt
Lieber rechnen statt relaxen

Mathecamp Ilmenau

Bis gestern lief das Mathematik-Spezialistencamp im Christlichen Jugenddorf Ilmenau und 73 Schüler knobelten da unter fachlicher Anleitung von Lehrern, ehemaligen Studenten und einem Mathematikprofessor an schwierigen Matheaufgaben. - FOTO: B. FRITZ



VON NADINE ANSCHÜTZ
ILMENAUSeit 1997 treffen sich einmal im Jahr Jugendliche aus Sachsen, Thüringen und diesmal auch aus Brandenburg sowie Berlin, um im Christlichen Jugenddorf Ilmenau an Matheproblemen zu knobeln. „Andere fahren ins Fußballcamp, um zu trainieren. Ich löse halt Matheaufgaben“, verteidigt Steven Bürger sein Hobby. Zum 5. Mal ist er im Ilmenauer Trainingslager und hat über die Jahre längst genügend Gleichgesinnte getroffen, um sich hier wohl zu fühlen.


„Außerdem“, sagt Niels Krap, „geht es nicht nur um die Mathematik. An den Nachmittagen und Abenden unternehmen wir sehr viel mit den Jugendlichen, wie das in anderen Ferienlagern auch getan wird.“ Niels Krap weiß, wovon er redet. Als Schüler hat er selbst an Trainingslagern teilgenommen. Heute ist der 28-jährige Diplomvolkswirt aus Leipzig Teamchef des Mathematik-Spezialistencamps in Ilmenau. Selbiges kristallisierte sich nach der Wende aus schon zu DDR-Zeiten aber auch heute noch während des Schuljahres angebotenen Mathezirkeln heraus und wird von der „Leipziger Schülergesellschaft für Mathematik e.V.“ unter dem Dach der „Kindervereinigung Leipzig e.V.“ und mit Unterstützung des Thüringer Kultusministeriums ausgerichtet.

73 Schüler der 5. bis 12. Klassen waren seit dem 16. Juli in Ilmenau. Bis gestern werden sie hier täglich dreieinhalb Stunden von Lehrern, (ehemaligen) Studenten, Mitarbeitern der TU Ilmenau und einem Universitätsprofessor aus Leipzig unterrichtet. Zehn feste Betreuer und einige wechselnde arbeiteten mit den Mathefans an Aufgaben, die nicht mehr in den Lehrplänen stehen. Unterrichtsstoff aus höheren Klassenstufen wird absichtlich nicht durchgenommen, „damit sich die Schüler später nicht langweilen“, erklärt Niels Krap. Stattdessen beschäftigten sich diese mit Zahlentheorien oder Beweisverfahren der unvollständigen Induktion und testeten ihre Fähigkeiten in einer internen Olympiade.

Den Vorteil des Camps sieht Niels Krap im hier herrschenden zwischenmenschlichen Klima. „Manchmal hat man es in der Schule schwer, wenn man sehr begabt ist. Hier aber sind die Kids unter sich, treffen sogar auf besonders starke Schüler, die bei deutschlandweiten Olympiaden sehr erfolgreich sind.“

Auf einer Olympiade hat Steven Bürger aus Torgau auch Ilya Kozlovzkiy kennen gelernt. Im Trainingscamp trafen sich die beiden 16-jährigen Gymnasiasten nun wieder. Ilya war zum ersten Mal in Ilmenau dabei. Mathecamps aber hat er schon besucht, als er und seine Familie noch in Russland lebten. Seit 2001 wohnt Ilya nun in Leipzig. Sein Hobby hat der Zehntklässler auch dort weiterverfolgt. Was er daran so toll findet, „ist schwer zu sagen. Es ist einfach ein geniales Gefühl, wenn man eine schwere Aufgabe gelöst hat.“ Um dieses Gefühl auch in den Ferien zu erleben, war er nach Ilmenau gekommen und hofft, „dass ich hier etwas Neues und Interessantes dazu lerne.“